Da noch immer keine Urkunden, Dokumente oder schriftliche Erwähnungen über eine Burg auf dem Schnellerts im Odenwald gefunden wurden und nach wie vor Erbauer, Besitzer, Lehensgeber, Lehensnehmer, Auftraggeber, Zeugen mit Titel und Herkunftsangabe, Zerstörer unbekannt sind, hat sich die Forschungsgemeinschaft Schnellerts e.V. entschlossen, durch die Anregung der Untersuchungsmethode und Altersbestimmung bei der Arnheiter Kapelle, die Investition einer Thermoanalyse durchführen zu lassen.

Handheller, Schwäbisch-Hall, Ende 12. Jahrh.

silberner Handheller, Schwäbisch-Hall, Ende 12. Jahrh.

Es wurde bisher behauptet, dass alle Fundstücke aus dem 13. – 14. Jahrhundert stammen. Aber Fundstücke sind stumm und können nur in etwa zeitlich vergleichend eingeordnet werden, da sie zum Teil eine sehr lange Laufzeit haben, wie z.B. die 6 gefundenen Heller oder die Pferdegebissstange, letztere haben bis heute die gleiche ausgereifte Form. Spinnwirtel waren von der Jungsteinzeit bis zum ausgehenden Mittelalter unerläßliches Werkzeug bei der Textilherstellung.

Die Glocke aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. könnte auch bereits gebraucht auf den Schnellerts gebracht worden sein und deshalb, wie festgestellt, ca. 100 Jahre geläutet haben, nach Aussage des Glockensachverständigen Hans Drescher aus Hamburg, SB 1997 S.4 ff., zumal das abgeplatzte Bruchstück sehr tief im Verwitterungsgruß einer unteren Schicht an der südlichen Ringmauersohle entdeckt wurde und schon einige Zeit vor der Zerstörung und Aufgabe der Burg dorthin gelangte. Oder…….. der vergoldete Damen-Steigbügel könnte ein Mitbringsel, Souvenir eines um 1200 zurückgekehrten Kreuzritters für seine Frau gewesen sein.
Alles Indizien.
Aber mit „könnte, evtl., wahrscheinlich, kann man vermuten,“ wollten wir uns nicht länger beschäftigen.

Ziptüte mit Dachpfanne, Knochen und Brandlehm, sowie dem Sediment, in dem die Proben gefunden wurden.

Ziptüte mit Dachpfanne, Knochen und Brandlehm, sowie dem Sediment, in dem die Proben gefunden wurden.

Torbogenstein vom Schnellerts

romanischer Bogenstein aus dem 12./13. Jahrh. vom Schnellerts von einem steinernen Haus

Dehalb fand 2012 eine Altersbestimmung von Ziegeln und Brandlehm im Lumineszenzlabor des Curt-Engelhorn-Zentrums für Archäometrie im Klaus-Tschira-Labor für physikalische Altersbestimmung in Mannheim statt, die ergeben hat, dass die Burganlage älter ist und viel länger bestand, von der Erbauung bis zur gewaltsamen Zerstörung durch Brand, als man bisher angenommen hatte.
Die Datierung mittels Lumineszenz wurde am gebrannten Objekt Ziegel ohne Brandspuren und einem Brandlehmstück mit Strohabdrücken der Fachwerkbauten durchgeführt. Zur Datierung nutzt man dabei die Tatsache, dass die Radioaktivität des umgebenden Materials, sowie die interne Radioaktivität aus Uran, Thorium und Kalium in den Materialkörnern über die Zeit hinweg ein Signal aufbauen.
In Festkörpern wie gebranntem Ton existieren kristalline Bereiche. Durch radioaktive Strahlung werden Atome aus ihren Gitterplätzen herausgeschlagen bzw. Elektronen auf metastabile Niveaus gehoben und gelangen nicht mehr in ihre Ursprungsposition zurück. Es entstehen Kristallfehler, die Energie speichern.
Beim Brennvorgang zur Herstellung der Ziegel vor x-Jahren und bei der gewaltsamen Zerstörung der Burg vor x-Jahren durch Brand wurde der Lumineszenz-Effekt erstmalig freigesetzt und die Lumineszenz-Uhr auf „0“ zurückgesetzt. Anschließend setzt die beschriebene Aufladung erneut ein.
Je älter die Probe ist, desto stärker ist der bei einer erneuten Erhitzung beobachtbare Lumineszenz-Effekt. Durch die Messung wird die Lumineszenz-Uhr jedoch erneut zurückgesetzt. Das Verfahren ist somit an dem Fundstück nicht wiederholbar.
Die Messung der Dosisleistung ist von der regionalen und lokalen Umgebung, der Feuchte, der Lagerung, der geografischen Länge und Breite der Probenentnahmestelle, der Höhe über Normal-Null, der Probenentnahme-Tiefe abhängig.
Unser Fundmaterial stammte aus 1,20 m Tiefe, bei 350,20 m über NN, von sämtlichen Aufräumungsarbeiten über die Jahrhunderte verschont, da es sich noch um einen ursprünglichen, unberührten Versturz einer vermoderten Fachwerkwand der Häuser direkt an der nördlichen Burgmauerinnenecke handelte.
Die Probe wurde bei normalem Licht geborgen und sofort unbehandelt, um die Erdfeuchte zu erhalten, in Reißverschlussplastiktüten und einem Karton verpackt und persönlich nach Mannheim gebracht, um jegliches Röntgen auf dem Postweg zu vermeiden.
Susanne Lindauer, Msc. vom Curt Engelhorn-Zentrum für Archäometrie schreibt in ihrem Untersuchungsbericht:
„ Das Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie gGmbH erhielt von der Forschungsgemeinschaft Schnellerts e.V., vertreten durch Frau Barbara Dittmann, den Auftrag zur Datierung eines frisch ausgegrabenen Dachpfannenbruchstückes. Von dem Bruchstück wurde im Dunkeln ein Stück abgebrochen und zur Lumineszenzdatierung weiter verarbeitet.
Die Probe wurde im Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie im Dunkellabor entnommen und das bereits kurz belichtete Material an der Außenseite der Pfanne entfernt. Dieses Material wurde für die Neutronenaktivierunganalyse (NAA) zur Bestimmung der Elementgehalte von Uran, Thorium und Kalium verwendet. Die Gehalte werden benötigt, um die interne, keramikeigene Dosisleistung in Grey pro Jahr zu bestimmen.
Vom mitgelieferten Umgebungssediment wurde ebenfalls eine Teilprobe mit NAA analysiert, um die externe Dosisleistung ermitteln zu können. Dies ist notwendig, um die mit der Lumineszenz gemessene natürliche Dosis der Probe in einen zeitlichen Kontext zu bringen. Der Wassergehalt, der durch die Bestimmung der Feuchte erfasst wird, beeinflusst die Strahlung in der Probe, da die Wassermolekühle radioaktive Strahlung abschwächen und dadurch weniger Strahlung im Mineral ankommt.
Nachdem die Probe zerkleinert wurde und verschiedene Korngrößenbereiche durch Sieben abgetrennt wurden ( 100 μm, 200 μm) wurde sie von eventuell vorhandenen Resten organischer Substanzen und Kalk befreit. Das feine Material der Siebfraktion <100 μm wurde weiter auf einen Korngrößenbereich von 4-11 μm eingeengt, die so genannte Feinkornfraktion. Aus der Korngrößenfraktion von 100 bis 200 μm wurde der Quarzanteil extrahiert.
Bei der Lumineszenz wird ausgenutzt, dass die radioaktive Strahlung aus der Probe selbst und der Umgebung in den Mineralkörnern Strahlenschäden induziert, die über den Lagerungszeitraum akkumuliert werden. Die Nullstellung des Signals erfolgt durch Erhitzen oder durch Belichtung, wodurch der Zeitpunkt der letzten Erhitzung oder Belichtung ermittelt werden kann. Zur Messung wurden die Proben auf mehrere Stahlscheibchen aufgebracht und nach Murray & Wintle so gemessen, dass für jede Teilprobe ein Alter erhalten wird.
Für die Berechnung der Dosisleistung wurde sekuläres Gleichgewicht angenommen.
Die Teilproben Feinkorn und Grobkorn Quarz wurden zunächst mittels Thermolumineszenz (TL) gemessen, zusätzlich aber noch mit Optisch Stimulierter Lumineszenz(OSL). Bei der TL zeigte der Quarz kein verwertbares Signal, weswegen hier die Datierung mittels OSL hilfreich war. Bei der Feinkornfraktion wurde, da das Grobkornsignal sehr gut reproduzirbar war, auch der Quarz gezielt stimuliert und mit OSL gemessen. Das Messprotokoll, sowohl bei TL als auch bei OSL, besteht aus einer ersten Messung des natürlichen Signals und weiteren Messungen nach künstlicher Bestahlung mit ansteigender Dosis.“
Das Alter der Dachpfanne wurde auf  790 Jahre +- 90 Jahre bestimmt, der Brandlehm als mitgelaufene Vergleichsprobe auf  680 Jahre +- 90 Jahre.

vergoldeter Steigbügel vom Schnellerts

vergoldeter Steigbügel, evtl. morgenländischer Herkunft,  Kreuzritterzeit

Dach- und Firstpfannen datieren durch ihren Brand bei der Herstellung die Enstehungszeit einer Burg, Brandlehm mit Strohabdrücken aus den Fachwerkgebäuden dagegen die Zerstörungszeit.

Ofenbecherkacheln oder auch Wölbtöpfe genannt, aus denen mindestens 2 Öfen auf dem Schnellerts gebaut waren.

Ofenbecherkacheln oder auch Wölbtöpfe genannt, aus denen mindestens 2 Öfen auf dem Schnellerts gebaut waren.

Daraus resultiert, dass die Burg um 1200 erbaut und ca. 90 – 100 Jahre belebt, bewohnt, besiedelt existierte und um 1300 zerstört wurde ohne jemals wieder aufgebaut zu werden.
Für die oben genannte Glocke aus der 2. Hälfte des 12. Jahrh., für die Heller, einer stammt sogar aus dem Ende des 12. Jahrh. ( Brakteate sind nicht gefunden worden), für den romanischen Bogenstein, für die Ofenbecherkacheln und für den Steigbügel trifft diese Datierung um 1200 oder des frühen 13. Jahrhunderts genau zu.

31. Juli 2020 Barbara Dittmann